
Warum haben wir Hochsensible das Gefühl, anders zu sein?
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Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen, denn ich habe mich sehr oft in meinem Leben wie ein "Alien" gefühlt. In der Schule, in der Ausbildung, im Studium. Und auch danach, immer wieder, wenn ich mit anderen und vor allem fremden Menschen zusammen war.
Das Gefühl, anders zu sein, ist bei uns hochsensiblen Menschen häufig anzutreffen und kann verschiedene Ursachen haben. Diese Empfindung wird oft durch eine Kombination aus unserer intensiven Wahrnehmung, unserer emotionalen Tiefe und den Herausforderungen, die unserer Sensibilität mit sich bringt, verstärkt.
Hier sind einige Gründe, warum hochsensible Menschen sich oft als anders empfinden:
1. Intensive Wahrnehmung
Wir Hochsensiblen nehmen unsere Umgebung und die Emotionen anderer in einem viel stärker ausgeprägten Maße wahr, als die meisten Menschen. Wir sind oft sehr aufmerksam gegenüber feinen Nuancen, die anderen entgehen könnten. Diese Fähigkeit kann dazu führen, dass wir uns von ihrem sozialen Umfeld abgekoppelt fühlen, da wir Dinge bemerken oder empfinden, die andere nicht wahrnehmen. Auch bemerken wir an anderen jede kleinste Stimmungsschwankung und Nuance von Gefühlen. Schnell beziehen wir das auf uns selbst, stellen uns selbst in Frage und fühlen uns verunsichert.
2. Emotionale Tiefe
Wir erleben Emotionen oft sehr intensiv. Freude, Trauer, Wut oder auch einfache alltägliche Gefühle können für uns überwältigend sein. Bilder in den Nachrichten, Probleme von anderen Menschen, Weltschmerz. Unsere tiefen emotionalen Erfahrungen können in sozialen Situationen zu einem Gefühl der Isolation führen, insbesondere wenn andere nicht in der Lage sind, diese Intensität nachzuvollziehen oder zu verstehen. Wenn sie nicht genau so fühlen wie wir.
3. Unverständnis in sozialen Interaktionen
Wir finden uns oft in Situationen, in denen wir uns unverstanden fühlen. Ob es um unsere Bedürfnisse nach Ruhe und Rückzug geht (statt z.B. ins Shoppingcenter oder in ein lautes Café zu gehen) oder um unsere Empfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen. Viele von uns haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Sensibilität nicht immer akzeptiert oder verstanden wird. Dies kann dazu führen, dass wir uns von anderen entfremdet fühlen. Warum verlassen wir eine Party so früh? Warum haben wir keine Lust auf irgendein tolles, großes Event zu gehen? Warum halten wir heute die 3 Kinder unserer Freundin kaum aus, die quengelig sind und viele bunte Gefühle haben?! Es kann schwer sein, sozial zu sein und anderen zu vermitteln, warum wir gerade nicht zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund haben wir auch das Gefühl, andere oft zu enttäuschen.
4. Gesellschaftliche Normen
In unserer Gesellschaft wird eine gewisse "Härte" oder emotionale Unempfindlichkeit vorausgesetzt. Im Berufsleben, im Privaten... In Deutschland ist höher, schneller und weiter einfach gern gesehen und wir hochsensiblen Seelen halten da einfach nicht mit. Möglicherweise fühlen wir uns auch unwohl in einer Gesellschaft, die Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen, Leistung und Belastbarkeit hoch schätzt. Wir können dadurch das Gefühl haben, dass unsere sanfte, einfühlsame Natur nicht dem entspricht, was von uns erwartet wird. Schnell fühlen wir uns "weniger belastbar" als andere oder tatsächlich schwach. Warum sind wir nur so schnell überreizt und die anderen nicht?!
5. Vergleich mit anderen
Wir hochsensiblen Seelen neigen dazu, uns mit anderen zu vergleichen. Wenn wir sehen, dass andere Menschen scheinbar mühelos mit stressigen oder emotionalen Situationen umgehen, können wir an uns selbst zweifeln und uns als "schwach" oder "anders" empfinden.
6. Eingeschränkte soziale Kreise
Aufgrund der Notwendigkeit, uns vor Reizüberflutung und emotionalem Stress zu schützen, können wir in sozialen Interaktion stark eingeschränkt sein. Wir fühlen uns nicht dazugehörig, weil wir einfach an manchen Dingen nicht teilnehmen können. (Sie kosten uns einfach zu viel Energie.) Dies kann zu einem Gefühl von Einsamkeit führen, da wir möglicherweise Schwierigkeiten haben, Gleichgesinnte zu finden, die unsere Sensibilität verstehen und wertschätzen. Es ist sehr wertvoll, wenn wir uns auch mit Menschen umgeben, die so sind wie wir: Sanfte, einfühlsame Wesen.
7. Selbstreflexion
Oh ja, wir sind sehr selbstreflektiert und haben ein tiefes Verständnis für uns und unsere inneren Prozesse. Diese Fähigkeit zur Selbstreflexion kann dazu führen, dass wir uns der Unterschiede bewusster sind als andere, was das Gefühl, anders zu sein, intensiviert. Wir haben uns selbst als "Alien" erkannt, obwohl andere es noch gar nicht bemerkt haben. Da wir uns so anders fühlen, ziehen wir uns zurück.
Es ist wichtig, dass wir lernen, unsere Sensibilität als Stärke zu betrachten und Unterstützung in unserem Umfeld suchen. Einem Umfeld, das unsere einzigartigen Eigenschaften anerkennt und wertschätzt. Durch das Finden von Gleichgesinnten und das Entwickeln eines gesunden Selbstwertgefühls können wir beginnen, uns in unserer Haut wohler zu fühlen und die positiven Aspekte unserer Sensibilität zu umarmen.